- Kälteresistenz
- Kälte|resistenz,die Fähigkeit von Organismen, länger dauernde Einwirkung tiefer Temperaturen ohne bleibende Schäden zu ertragen. Allgemein existiert eine große individuelle Variabilität im Ertragen von Kälte, die u. a. abhängig ist vom Flüssigkeitsanteil am Lebendgewicht der Organismen beziehungsweise dem Verhältnis von freiem zu gebundenem Wasser sowie Einwirkungsdauer, Plötzlichkeit und Wiederholung der Kälteeinwirkung.Bezüglich ihrer Kälteresistenz können drei Gruppen unterschieden werden: 1) abkühlungs- oder kälteempfindliche Organismen, v. a. Pflanzen und Tiere warmer Lebensräume, die in der Regel schon bei einigen Graden über 0 ºC zum Kältetod führende Schäden erleiden, da der an höhere Temperaturen angepasste Stoffwechsel schon relativ früh empfindliche Störungen erleidet (Funktionsausfall von Enzymen, Störungen der Proteinbiosynthese und der Genregulation u. a.); 2) gefrierempfindliche Organismen (viele Bäume und Sträucher der gemäßigten Zonen, viele Spinnentiere, Insekten, Mollusken, Kaltwasserfische u. a.), die zwar tiefe Temperaturen ertragen, jedoch keine Eisbildung im Körper tolerieren. Diese wird u. a. verhindert durch Anreicherung von »Kälteschutzstoffen« wie Zucker, Aminosäuren, Alkohole, Peptide, Glykopeptide, Lipide, die eine Gefrierpunktserniedrigung der Körperflüssigkeit bewirken. So können selbst extrem tiefe Temperaturen überstanden werden; z. B. Bäume und Sträucher der gemäßigten Zonen —30 ºC bis —50 ºC, adulte Insekten und Spinnen bis —25 ºC, Larven und Puppen oft unter -30 ºC, die Eier einiger Gliederfüßer zum Teil bis —50 ºC; 3) gefriertolerante Organismen, die in der Lage sind, zumindest extrazelluläre Eisbildung und die damit einhergehende Dehydratation zu ertragen; Beispiele sind viele Algen, Flechten, Moose, ausdauernde Gefäßpflanzen winterkalter Gebiete, viele Bewohner der Gezeitenzone und des marinen Sandlückensystems, Käfer, Larven und Puppen vieler Insekten. Sowohl Pflanzen als auch Tiere dieser Gruppe zeichnen sich im Allgemeinen durch eine hohe Konzentration an Kälteschutzstoffen aus, bei Pflanzen werden darüber hinaus die Zentralvakuole in Kleinvakuolen zerteilt und Feinstrukturen des Zytoplasmas umgebaut. Intrazelluläre Eisbildung wird in der Regel vermieden. Dauerstadien von Wirbellosen sowie Sporen und Samen von Pflanzen können in wasserfreiem Zustand Temperaturen bis —190 ºC überleben. - Viele Pflanzen und wechselwarme Tiere fallen bei erheblicher Erniedrigung der normalen Temperatur in Kältestarre, die bei Unterschreiten einer kritischen, artspezifischen Temperatur zum Kältetod führt.Ebenso bedeutsam wie die physiologischen Mechanismen zur Erhöhung der Kälteresistenz sind bei Tieren Verhaltensbesonderheiten wie aktiver Ortswechsel, Aufsuchen von Winterlagern, Winterschlaf und Einstellung der Nahrungsaufnahme sowie eine geeignete Wärmeisolation, z. B. durch Federn, Pelz, dicke Unterhautfettschicht oder die Anlage von braunem Fettgewebe.Der Mensch ist zur Erhöhung der Kälteresistenz v. a. auf Verhaltensanpassungen (Kleidung, Behausung, Heizung) angewiesen. Jedoch gibt es bei anhaltender Kältebelastung auch physiologische Anpassungen; so werden die Zitterschwelle u. a. Kälteabwehrreaktionen zu tieferen Temperaturen hin verschoben (Toleranzadaptation, z. B. bei japanischen Perlentaucherinnen, die mehrere Stunden bei Wassertemperaturen um 10 ºC tauchen). Bei unter Dauerkältebelastung lebenden Menschen (z. B. Eskimo) ist der Grundumsatz um 25-50 % erhöht (metabolische Adaptation). Erfrierung, Frostschäden
Universal-Lexikon. 2012.